Herzlos, hilflos, harmlos – Die Analyse zum Debakel des KFC Uerdingen in Büderich
- Max Ebest
- 7. Sept.
- 6 Min. Lesezeit
Nachdem der KFC Uerdingen am letzten Spieltag mit einem 6:1 Sieg gegen Biemenhorst vermeintlich den ersten Durchbruch in der Liga geschafft hat, folgte heute gegen den Tabellenletzten FC Büderich eine desaströse Leistung. Die Analyse zum Spiel.

Alle Tore 1:0 Daud Gergery (9.)
2:0 Kevin Weggen (22. Elfmeter)
3:0 Venhar Ismailji (73.)
3:1 Etienne-Noel Reck (77.)
4:1 Kaies Alaisame (88.)
Die Aufstellung des KFC
Torwart: Hester
Verteidigung: You | RV (66. Marcinek), Oscasindas | IV, Päffgen | IV, Bachmann | LV
Mittelfeld + Flügel: Dimitrijevski | DM (42. Kalonji), Hadzha | DM (77. Benslaiman), Lipinski | Rechtsaußen, Tomson | OM (ca. 70. Fotso Youmssi), Kaya | Linksaußen (66. Özden)
Stürmer: Reck
Die wichtigsten Erkenntnisse zum Spiel:
Totalausfall in der Verteidigung
Wenn man gehofft hatte, dass nach dem 6:1 der Knoten in der Liga endlich geplatzt sei – nach zwei zähen Unentschieden –, dann hat einem die eigene Verteidigung heute eine ziemliche Gewissheitsschelle verpasst.
Was die Defensivleistung anging, war das über weite Strecken eine Demonstration des Begriffs Arbeitsverweigerung. Katastrophales Zweikampfverhalten, fehlendes oder halbherziges Pressing, ein Stellungsspiel auf Bezirksliga-Niveau – und selbst in Überzahlsituationen verteidigte man so, als müsse man mit zwei Mann einen Vier-gegen-Zwei-Konter des Gegners abwehren.
Das Bitterste dabei: Büderich hatte im gesamten Spiel statistisch gesehen weniger klare Torchancen als der KFC – nutzte diese wenigen Gelegenheiten aber eiskalt. Und bei wirklich jedem einzelnen Gegentor sah die Verteidigung schlecht aus.
1. Gegentor:
Das 0:1 resultierte aus einer eigentlich relativ ungefährlichen Ecke, die einfach nur schlecht geklärt wurde. Kein energisches Eingreifen, kein konsequentes Klären – das rächte sich durch einen Schuss vom Rand des Strafraums sofort.
2. Gegentor:
Nach einer Offensivaktion von Büderich folgte ein Pass durch die Kette auf den linken Außenspieler. Oscasindas verhinderte zwar die klare Torchance – aber nur, indem er mit einem ,,Bein-Stellen" einen Elfmeter verursachte. Ob das alternativlos war, lässt sich diskutieren. Fakt ist aber: Rechtsverteidiger You sah in der Entstehung dieser Szene – obwohl theoretisch auf zwei Gegner gebunden – alles andere als gut aus und trug somit seinen Anteil zur Großchance und zum darauffolgenden Elfmeter bei.
3. Gegentor:
Ein Paradebeispiel dafür, wie man ein 2vs2 (eigentlich sogar 3vs2!) in der eigenen Hälfte defensiv nicht lösen sollte. Ein Büdericher Offensivspieler bekam von Päffgen und Özden alle Zeit der Welt, ohne ernsthaft angepresst zu werden. Erst Bachmann, der von vorne nach hinten zurückarbeitete, presste an. Währenddessen stand ein weiterer Büdericher Spieler ganze sechs Sekunden (!) unbehelligt und ohne Fokus der KFC-Verteidigung an der Seitenlinie, bis sein Mitspieler ihn mit einem einfachen Pass tief in den Strafraum schickte. Dort folgte ein kurzer Querpass vom Spielfeldrand ca. acht Meter vors Tor. Nach einem abgewehrten Schuss durch Oscasindas und viel Chaos vor dem Tor landete der Ball letztlich zwischen Hester und Oscasindas im Netz. Katastrophale Entstehung, chaotische Verteidigung, mangelhaftes Pressing.
4. Gegentor:
Nach dem Ehrentreffer durch Reck zum 1:3 kam in der 88. Minute die endgültige Krönung des Defensivdesasters. Kaies Alaisame nahm es in einer Einzelaktion mit vier (!) KFC-Spielern auf – und tanzte sie alle aus. Erst setzte er sich im 1vs1 problemlos gegen Marcinek durch. Anschließend ließ er Benslaiman, Fotso Youmssi und Päffgen wie Slalomstangen stehen und krönte seine Aktion mit einem Schuss ins rechte Eck.
Das Beste daran: Marcinek regte sich anschließend über den mit zurückarbeitenden Youmssi auf – obwohl er selbst im direkten Duell leichtfüßig hops genommen wurde.
(Wenn ihr euch die Tore alle noch einmal anschauen wollt, auf FuPa findet ihr die jeweiligen Clips) https://www.fupa.net/match/fc-buederich-m1-kfc-uerdingen-05-m1-250907
Herzlosigkeit trifft auf Motivation und Leidenschaft
Nachdem der FC Büderich in den vergangenen drei Spielen selbst noch ordentlich eingeschult wurde, zeigte die Mannschaft heute ein komplett anderes Gesicht: engagiert, willensstark und in nahezu allen Belangen dem KFC mental überlegen.
Büderich präsentierte ab Minute 10 (nachdem der KFC in den ersten 10 Minuten noch den Ton angab) eine konzentrierte und bissige Vorstellung. Sie nutzten ihre wenigen, aber klaren Chancen eiskalt aus – ein entscheidender Unterschied zum KFC, welcher zwar mehr Abschlüsse verzeichnete, aber in der Effektivität und Zielstrebigkeit deutlich abfiel (mehr dazu gleich).
Vor allem im Zweikampfverhalten war Büderich dem KFC meilenweit voraus. Während beim KFC oftmals schwach zurückarbeitetet wurde oder sich der KFC schlichtweg in Zweikämpfen abkochen ließ, zeigten die Gastgeber eine beherzte und bissige Zweikampfleistung.
Mentalität schlägt Qualität – dieses Sprichwort traf heute den Nagel auf den Kopf. Während Büderich in den letzten Wochen komplett unter die Räder gekommen war, war heute zu spüren, dass die Mannschaft Wiedergutmachung betreiben wollte. Was der KFC heute dagegen zeigte, war in weiten Teilen eine blutleere Vorstellung. Fehleranfällig im Aufbau, fahrig in der Defensive, und in vielen Phasen ohne richtig sichtbaren Willen, sich gegen die drohende Niederlage zu stemmen.
Die Offensive des KFC Uerdingen: Ordentlich Chancen, keine Effizienz
Wieder einmal offenbarte der KFC große Schwächen im Abschluss. Trotz einer aktiven Spielweise des FC Büderich – der, entgegen vieler Erwartungen vor dem Spiel, keineswegs tief stand, sondern auch mutig mitspielte – gelang es dem KFC zwar, sich mehr Chancen zu erarbeiten als der Gegner. Doch was die Effizienz anging, war der Unterschied eklatant: Während Büderich seine wenigen Möglichkeiten eiskalt verwertete, ließ der KFC wieder einmal zu viele aussichtsreiche Gelegenheiten liegen.
Vor allem in der ersten Halbzeit war es Tomson, der mehrfach gefährlich in Erscheinung trat.
Er hatte einige verheißungsvolle Szenen, doch entweder fehlte im letzten Moment die Präzision oder das Timing seiner Mitspieler stimmte nicht. Besonders bitter war die Szene in der 26. Minute, als Tomson mit einem einfachen Querpass Kaya hätte bedienen können – eine hundertprozentige Torchance. Doch der Laufweg von Kaya war nicht perfekt, die Gelegenheit verpuffte und er musste selber abschließen - ohne Erfolg. Ein Anschlusstreffer zu diesem Zeitpunkt wäre extrem wichtig gewesen.
Nach dem Seitenwechsel zeigte der KFC zunächst ein deutlich druckvolleres Gesicht.
In den ersten 20 Minuten der zweiten Halbzeit war man klar tonangebend, ließ den Ball gut laufen und drängte Büderich in die eigene Hälfte. Doch trotz der optischen Überlegenheit fehlte es an echten Hochkarätern – und nach und nach kämpfte sich Büderich wieder ins Spiel zurück. Statt des erhofften Ausgleichs folgte die kalte Dusche: zwei weitere Gegentore, die das Spiel endgültig entschieden. Lediglich ein Ehrentreffer gelang dem KFC am Ende noch.
Ein weiterer, nicht ganz unwichtiger Aspekt: die Schiedsrichterleistung.
Auch wenn es nie allein daran liegt, muss erwähnt werden, dass der Unparteiische an diesem Tag nicht seinen besten hatte - oder besser gesagt aus KFC-Sicht nicht seinen besten Tag hatte. Besonders in der 58. Minute hätte man auf den Punkt zeigen können – ein (für mich) klares Foulspiel an Reck im Strafraum wurde nicht geahndet. Insgesamt gingen gefühlt fast alle 50:50-Entscheidungen zugunsten von Büderich aus. Besonders die Offensive des KFC hatte unter dieser Linie spürbar zu leiden.
Die Offensivleistung des KFC war nicht komplett katastrophal – phasenweise sah man solide Kombinationen und erspielte sich wie gesagt am Ende auch mehr Chancen als Büderich. Aber: Die Chancenverwertung bleibt ein großes Problem. Zu viele Angriffe verlaufen im Sand, zu oft fehlt der letzte Pass oder die nötige Konsequenz im Abschluss. Hinzu kam heute ein starker Büdericher Keeper, der mehrfach glänzte – aber eben auch ein KFC, der sich in den entscheidenden Momenten selbst im Weg stand. Und das wiederholt sich seit dem Spiel gegen Ennepetal immer und immer wieder.
Wenn der KFC in der Liga wirklich um die Top-6 mitspielen will, muss dringend an der Effizienz gearbeitet werden – denn Chancen allein entscheiden kein Spiel. Nur wer sie nutzt, geht am Ende auch als Sieger vom Platz.
Gegen und mit dem Ball ungenügend
Wie bereits zuvor thematisiert, war die Leistung des KFC sowohl im Spiel mit als auch gegen den Ball über weite Strecken unzureichend. In nahezu allen relevanten Phasen des Spiels fehlte es an der nötigen Intensität und Durchschlagskraft.
Vorallem das Spiel gegen den Ball offenbarte eklatante Schwächen. Insbesondere die hohe Anzahl an verlorenen Zweikämpfen sowie die daraus resultierenden, häufig vermeidbaren Ballverluste offenbarten gravierende Defizite im Spiel des KFC. Sowohl in der Offensive als auch in der Defensive mangelte es an Konsequenz, Präzision und der nötigen körperlichen Präsenz, um dem Gegner auf Augenhöhe zu begegnen.
Das Pressingverhalten war zu unkoordiniert und phasenweise kaum erkennbar. Die Mannschaft agierte weder kompakt noch aggressiv genug in der Rückeroberung des Balles. Die Abstände zwischen den Ketten stimmte dazu in meinen Augen häufig nicht, wodurch der Gegner leichter Räume bespielen konnte.
Einfach und simpel gesagt: Schwach und enttäuschend.
Ich spare mir heute ein klassisches Fazit – das lässt sich, denke ich, recht deutlich aus den genannten Punkten herauslesen. Morgen Abend folgt (sofern es zeitlich passt) eine Sonder-Preview für das Pokalspiel gegen Biemenhorst am Mittwoch. Darin wird zum einen das heutige Spiel noch einmal aufgearbeitet, zum anderen werfe ich einen genaueren Blick darauf, worauf es am Mittwochabend unter Flutlicht ankommen wird und warum das Spiel am Mittwoch für die nahe Zukunft des Vereins durchaus entscheidend sein kann. Kleine Info (da ich weiß, dass manche am Noten interessiert sind): Ich plane gegen Ende September bzw. Anfang Oktober eine ausführliche Zwischenanalyse zur Aufstellung und zur Kadersituation insgesamt. Daher verzichte ich aktuell in den regulären Spielanalysen bewusst auf eine umfangreiche und detaillierte Einzelbewertung – auch, weil diese sehr zeitaufwendig ist.
Bei FuPa erschienen bis vor kurzem noch Artikel mit Einzelbewertungen zu den Spielen gegen Baumberg und Sonsbeck. Diese habe ich während meiner Praktikumszeit dort verfasst. Es ist gut möglich, dass dieses Format in naher Zukunft dort wieder aufgegriffen wird und ihr dort dann detaillierte Spielernoten zu den Partien findet. Ich selbst kann solche Einzelbewertungen aus Zeitgründen derzeit wenn dann nur selten leisten.